715,01 der folgende Liebesbrief ist eines der ältesten Beispiele in der mhd. Literatur; vgl. auch 55,21–56,26. 76,23–77,18, wo es sich aber nicht um reine Liebesbriefe handelt. — Zu beachten ist die Häufung der Ausdrücke und das rîme samenen; vgl. 337,25 f.

715,02 da, wie oft mhd. auf eine Person zu beziehen: bei welcher; vgl. 343,28.

715,04 trœstes, md. Form; vgl. 154,4.

715,05 gebent geselleschaft: als Dativ ist zu ergänzen ‚einander‘: sind untereinander Freunde, passen gut zusammen.

715,07 wegen für, überwiegen; vgl. 26,14.

715,09 slôz ob mîner triuwe: du bist das Schloß, das alle meine Treue verschließt, zusammenhält; vgl. 3,5.

715,10 ein flust, ein Verlust: du machst, daß ich meines Herzens Kummer verliere.

715,11 helfe, gen. von rât abhängig: einen Vorrat, eine Fülle von Hilfe.

715,12 der Glaube an die veredelnde Macht der Liebe ist von der Troubadourpoesie in die deutsche Minnelyrik eingedrungen.

715,15 âne wenken, negative Verstärkung zu stæte. — sus, weist auf den folgenden Vergleich.

715,16 pôlus artanticus, Entstellung aus lat. polus antarcticus: Südpol; gemeint ist aber wohl der südliche Polarstern wie Willeh. 216,6, wo auch richtig antar(c)ticus steht.

715,17 tremuntân stm., aus ital. tramontana, bedeutet sowohl Nordwind als auch (wie hier) Nordstern. Die einander gegenüberstehenden unveränderlichen Himmelspole sind ein Sinnbild der stæten triuwe.

715,21 gedenke an mir, nun denke in Beziehung auf mich daran, was; d. h. laß mir das zugute kommen.

715,23 laz mit gen., vgl. 128,20.

715,24 durch mînen haz: in dem Possessivpronomen liegt ein objektiver gen.: aus Haß gegen mich.

715,28 êren, gen. plur. von schônen abhängig. Wenn du aufhörst mir Liebe zu erzeigen, so verletzest du damit die Ehre aller Damen; ähnliche Gedanken vgl. 88,27.

715,29 dîn, braucht nicht für dînen zu stehen, sondern kann nomin. sein wie bei heizen;vgl. 13,21.